Die Koalitionsverhandlungen sind abgeschlossen. Als Ergebnis steht ein klares Bekenntnis zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) soll reformiert und das sogenannte Heizungsgesetz soll abgeschafft werden.
Die Arbeitsgruppe Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen plant, das Heizungsgesetz abzuschaffen und durch ein neues zu ersetzen. Dieses neue Recht soll eine Umlenkung weg von kurzfristiger Energieeffizienzbetrachtung von Einzelgebäuden hin zu einer langfristigen Betrachtung der Emissionseffizienz erwirken. Die Heizungsförderung soll fortgesetzt werden. Das Grundprinzip des GEG, dass neue Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden, steht somit in Frage. Die Vermutung, dass auch Vorgaben zur Effizienz von Gebäuden geschwächt werden, liegt nahe. Aktuell regelt das GEG klar, dass zum Klimaschutz auch die Energieeffizienz im Gebäude gehört. Wie sehr dieser Bereich aufgeweicht und angepasst wird, bleibt unklar. Dennoch kann die Branche durch die Priorisierung der Emissionseffizienz anstelle der Energieeffizienz von geringeren Kosten bei Sanierungen und Neubau ausgehen.
Den Zielkorridor der maßvollen energetischen Ertüchtigung beizubehalten, bleibt demnach ratsam, ebenso die konsequente Planung und Umsetzung der Defossilierung im Bestand. Denn mit der Einführung des Emissionshandel II ab 2027 wird der CO₂-Preis deutlich steigen. Aktuelle Schätzungen bewegen sich zwischen 80 bis 270 EUR pro Tonne CO₂ bis zum Jahr 2030, einige sogar deutlich darüber.
Die Preisschätzungen weisen aus diversen Gründen diese enorme Spreizung auf. Der Emissionshandel II baut auf dem Mechanismus des Zertifikatshandels auf. Zukünftige Marktpreise sind generell schwer kalkulierbar. Nachfrage-, Produktions- oder sogar Wetterschwankungen führen u.a. dazu, dass genaue Vorhersagen zum Emissionsausstoß unmöglich sind, wodurch ein Volumenrisiko erwächst. CO₂-Vermeidungsprojekte halten geplante CO₂-Vermeidungen und/oder geplante Kosten zur Vermeidung nicht immer ein. Und nicht zuletzt erschweren politische und Währungsrisiken die Planbarkeit dieses internationalen Marktes. Es bleibt lediglich die Sicherheit, dass der Preis pro Tonne CO₂ zunächst steigen wird. Ein weiteres gutes Argument also für die maßvolle Ertüchtigung im Bestand.
Zurück zum Koalitionsvertrag: Ein Umbruch im GEG – und damit konsequenterweise in der Wärmewende – steht im Koalitionsvertrag beschrieben. Das Ziel ist es, die Emissionseffizienz anstelle von Energieeffizienz im neuen GEG festzulegen. Die Sanierungs- und Heizungsförderung soll fortgesetzt werden. Wünschenswert wäre die soziale und klimagerechte Weiterentwicklung des GEG.
Die im Koalitionsvertrag angestrebte Abkehr von der Energieeffizienz zugunsten der CO2-Effizienz birgt Risiken. Technische CO2-Faktoren, die auf physikalischen Gesetzen basieren, werden durch politisch gewählte Faktoren ergänzt, die Anreize setzen. Besonders problematisch sind dabei die Schwankungen politisch gewählter CO2-Faktoren, die die Investitionssicherheit gefährden: Was heute als CO2-arm gilt, kann sich morgen ändern. Eine einseitige Fokussierung auf CO2-Effizienz kann kontraproduktive Lenkungseffekte haben, indem beispielsweise ineffiziente Technologien mit geringen CO2-Emissionen gefördert werden. Daher muss Energieeffizienz als übergeordnetes Ziel erhalten bleiben, um den Energieverbrauch zu minimieren und Emissionen unabhängig von schwankenden CO2-Faktoren zu reduzieren.
Ganz gleich, in welchem Umfang das GEG unter der neuen Bundesregierung Anpassungen erfahren wird: Es ist zunächst entscheidend, die Zuständigkeiten für das GEG klar zu definieren. Aktuell deutet vieles darauf hin, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, unter der Leitung der zukünftigen Ministerin Katherina Reiche (CDU), in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB), unter der Leitung von Ministerin Verena Hubertz (SPD), die inhaltliche Hauptverantwortung tragen wird. Diese Ressortverteilung ist jedoch nicht abschließend im Koalitionsvertrag fixiert. Um im Bestand die gezielte und maßvolle Ertüchtigung voranzutreiben, braucht es den Blick auf jedes einzelne Gebäude – isoliert betrachtet, aber auch im Kontext des gesamten Bestandes. Dieses objektkonkrete Vorgehen ermöglicht die zielgenaue und wirksame Planung von energetischen Maßnahmen.
Wir laden Sie herzlich zu unserem nächsten Online-Seminar „strategische Dekarbonisierung im Bestand“ am 13. Mai 2025, 10:00 Uhr, ein, in dem wir mit Ihnen in den Austausch gehen und unser ausgezeichnetes Vorgehen zur Erarbeitung von objektkonkreten Dekarbonisierungsstrategien beleuchten wollen.
Ansprechpartner
Hendrik Cornehl
Leiter Nachhaltigkeit
Dr. Klein Wowi Finanz AG
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